Neunzehnter Rundbrief, in dem ich mich am Lauf des Wassers erfreue, einen kleinen Rückblick über die Arbeit gebe und die erste fertiggestellte Quellfassung gefeiert wird.

Wasser. Trinkwasser. Sauberes Trinkwasser. Maji Safi. – Nachdem wir unsere Hände gewaschen haben, füllen wir unsere Tassen und stoßen auf die soeben fertiggestellte Quellenfassung an. Ich stehe auf einer Betonfläche und lasse mir vom Quellwasser den Schlamm und Zementstaub von den Gummistiefeln waschen. Schon bald werden hier Kanister stehen, mit denen das kostbare Naß aufgefangen und zu den Haushalten all dieser Menschen gebracht wird. Inmitten dieses Trubels empfinde ich eine tiefe Zufriedenheit und Freude, die ich gerne hier mit Euch teilen will.
Inzwischen nähert sich das Jahr 1995 ebenso wie meine Dienstzeit als ADiA in Kenia mit Riesenschritten dem Ende.

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Ein großes Problem im Rahmen des Wasserquellschutz-Projektes ist der umstand, dass zunächst einmal ein Zugang zur „local community“ bestehen muss, mit der kooperiert werden soll. Tatsache aber ist – und diese macht es schwieriger -, dass zunächst einmal gar keine „community“ existiert. Dies macht die Ergebnisse der Arbeit noch belohnender, wenn sich während der Arbeit and er Quelle eine kleine Gemeinschaft gebildet hat – so wie diese hier, mit der wir gerade feiern…

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Ein Zaun, ein kleiner Betonwürfel und eine Zapfstelle – mehr ist von der Arbeit der letzten Tage nicht zu sehen (geschweige denn von den sich über Wochen erstreckenden vorangegangenen Vorbereitungen). Die Sammelfläche liegt unsichtbar unter einem eingezäunten und mit Gras bewachsenen Gebiet hangaufwärts. Etwa acht Tonnen Feldsteine (das sind neun bis zwölf Quadratmeter) liegen dort mit einer Plastikplane und Erdreich bedeckt. Das Wasser fließt durch die Hohlräume zwischen den Steinen, wird von einer talseitigen Ringmauer aufgefangen und zur Sedimentationskammer geleitet. Das hier überlaufende Wasser plätschert durch ein paar Rohre (die „tap station“) in ein kleines Becken (ohne stehendes Wasser, um Mückenbrutplätze zu vermeiden) und fließt von dort ungehindert seinen natürlichen Weg (der Lauf des Wassers soll nach Möglichkeit nicht unterbrochen werden). Neben dem Becken befindet sich ein kleines Betonpodest, das trockene Füße gewährleistet. Die kleine Mauer auf der Seite kann als Abstellmöglichkeit genutzt werden, wenn die Kanister auf den Kopf gehoben werden.

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Zwischen 40.000 und 80.000/= kenianische Shilling (das entspricht etwa 1.000 bis 2.000 DM) kostet solch eine Quellgründung. Die Comminuty steuert etwa die Hälfte davon in Form von Arbeitskraft, Material (Steine gibt es überall) und ein paar Banknoten bei (je Haushalt etwa 100 Shilling – übersetzt in mittelständische Deutsche Verhältnisse wären das etwa 100 bis 300 DM).

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Meine Arbeit begann mit der Recherche nach traditionellen Bauweisen für Quellgründungen und Informationen über mögliche Alternativen aus anderen Regionen des Landes. Parallel gelang es mir, ein paar Kontakte zu anderen Entwicklungshelfern, die bereits in diesem oder in ähnlichen Gebieten gearbeitet haben, aufzubauen. Ihre Tipps und praktischen Erfahrungen erwiesen sich im weiteren Verlauf des Projektes als äußert hilfreich.

Der nächste Schritt war die Entscheidung, welcher der inzwischen bekannten Fassungstypen ausgeführt werden sollte. Bei den Diskussionen bin ich in die Rolle des Informationslieferanten geschlüpft und habe versucht, mich bei den Entscheidungsprozessen zurückzuhalten. Die anderen Konzepte wurden viel diskutiert, aber nur zögerlich akzeptiert – schließlich wurde beschlossen, ein paar der Ideen bei einem Versuchsprojekt zu testen.

Parallel zu der Beantragung von Fördergeldern (UNEP hatte gerade eine Förderung für Kleinstprojekte ins Leben gerufen) entwickelten wir ein Lehr- und Trainingsprogramm und erstellten Informationsmaterialien, um die lokalen Gemeinden über die Notwendigkeit von sauberem Wasser zu informieren und das Projekt bekannt zu machen. Abschluss der Vorbereitungen war die Erstellung einer Checkliste, mit der mögliche Quellen für das Projekt „training and dissemination on water catchment protection“ ausgewählt werden sollten, sowie eine Besichtigungstour in die umliegenden Regionen, um bereits umgesetzte Projekte zu besichtigen.

Ein wenig über das Ziel hinausgeschossen bin ich, als ich eine Kalkulationsliste erstellt habe, mit der sich der ungefähre Bedarf an Materialien für die einzelnen Projekte ermitteln lassen sollte. Bei dieser Gelegenheit durfte ich lernen, dass Steine hier nicht in Kubikmetern, sondern in Hängerladungen und Zement nicht in Kilogramm, sondern in Säcken gemessen wird – und dass man ruhig ein paar Säcke zu viel besorgen kann – irgendwo gibt es immer irgendetwas auszubessern oder neu zu bauen, so dass auf der Baustelle garantiert nichts schlecht wird…

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Stellen, an denen Grundwasser an die Erdoberfläche tritt. In der Umgebung handelt es sich in erster Linie um Hangquellen, die durch den Wechsel der Erdschichten entstehen. Dort, wo eine wassertragende Lehmschicht an die Erdoberfläche gelangt, kommt auch das Wasser wieder ans Tageslicht. Diese Stellen zeichnen sich oft durch intensives Pflanzenwachstum und matschigen bis sumpfigen Untergrund aus, werden von Menschen und Tieren als Wasserquelle genutzt und sind somit nicht nur in der Gefahr, verunreinigt zu werden, sondern schweben auch in Gefahr, der allgegenwärtigen Erosion zum Opfer zu fallen. „Tierische“ Hinterlassenschaften und Abfälle sind ebenso Auslöser für Krankheiten und Epidemien, wie der in der Landwirtschaft immer wieder eingesetzte Dünger.

Traditionsgemäß wird der Kuh die kleine Erfrischung an der Quelle nicht verwährt, während sich die Frauen hangaufwärts (und somit im Einzugsbereich der Quelle) der schmutzigen Wäsche widmen, bevor sie ihre Wasserkanister füllen und den Schauplatz wieder verlassen.

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Neben Verunreinigung besteht auch ständig die Gefahr, dass Tiere oder Menschen anfangen, die Quelle freizulegen, oder eine Grube zu graben, in der die Wasserkanister leichter aufgefüllt werden können. Oft wird dabei das Auge der Quelle blockiert, so dass sich das Wasser einen anderen Weg suchen muss. Außerdem liegen die Hangquellen oft im Tal, während sich die Siedlungen hangaufwärts befinden – die Frauen (als traditionelle Wasserholer) also einen langen und beschwerlichen (da steilen) Weg zurücklegen müssen, um das Wasser direkt von der Quelle zu holen.